Was ist der Traum, den du mit deinem Beruf verwirklichen willst? Für Fabio war das schon bei seinem Bewerbungsgespräch klar: Er möchte aufs Kreuzfahrtschiff. Fabio ist 19, wohnt in Berlin und macht eine Ausbildung zum Koch. Er nutzt das persönliche Budget, um sich die Unterstützung zu holen, die er haben will.

Das weiße Koch-Outfit mit Hemd und Kochmütze liegt frisch und fleckenfrei an seinem Platz im Umkleideraum bereit. Nach dem Umziehen führt der erste Gang zum Waschbecken. Das Wasser strömt warm über die Hände und die Seife wird großzügig verteilt, auch auf den Handrücken und zwischen den Fingern. Nach dem Waschen: Desinfizieren! Jetzt kann es losgehen.

Tipp
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Fabio lernt, Koch zu sein

Fabio Liebig ist in der Ausbildung zum Koch. Er wollte schon immer Koch werden, er hat als Kind seinen Eltern in der Küche gern über die Schulter geschuat. Er findet es spannend, was man aus Lebensmitteln alles herstellen kann.

Fabio arbeitet im Museumscafé des Deutschen Historischen Museums in Berlin. Es ist ein Restaurant mit einer eleganten Einrichtung und einer Terrasse, die direkt am Flussufer der Spree liegt. Bis zu 320 Gäste haben hier Platz. Zusammen mit seinen Kolleginnen und Kollegen im Küchenteam kümmert sich Fabio um die Zubereitung von Frühstück, Salaten, Suppen und herzhaften und saisonalen Hauptgerichten.

 

In seinem ersten Ausbildungsjahr hat er als Gardemanger gelernt, Dressings zu machen und Salate anzurichten. Jetzt, in seinem zweiten Ausbildungsjahr kümmert er sich als Entremetier um die Beilagen. Zu seinen Aufgaben gehören zum Beispiel die Zubereitung von Kartoffelpüree, aber auch Burger zu braten und den Garpunkt von Fleisch zu bestimmen.

Fabio ist glücklich mit seiner Ausbildung

Es gibt bei seinen Tätigkeiten in der Küche eigentlich nichts, was ihm keinen Spaß macht. Nur wenn er mal im Service arbeiten muss und dann direkt mit den Gästen im Restaurant zu tun hat, ist er noch zurückhaltend. “Ich bin eher der schüchterne Typ. Aber das kriege ich auch noch hin, lockerer zu werden”, meint er.

Er ist sehr glücklich in seinem Team und mit seinen Kollegen. Die Stimmung ist gut und alle unterstützen sich gegenseitig, auch wenn es ab und zu mal etwas hektisch zugeht. Sein Chef ist nett und erklärt ihm seine Aufgaben ausführlich und bespricht mit ihm in Ruhe, wie er was besser machen kann.

Fabio ist ein Praktiker

Mit dem Stress in der Küche umgehen, mit scharfen Messern hantieren, im Kühlhaus die Zutaten im Blick haben und verstauen – Fabio sagt von sich, dass er viel lieber solche praktischen Sachen macht, als sein “Gehirn zu füttern”. Denn das Lernen fällt ihm schwer und er musste 10 Jahre Schule überstehen, um einen Förderabschluss zu machen. “Ich bin einfach nicht gut in der Schule, ich kann so viel lernen wie ich will, ich kann mir den Stoff einfach nicht merken”, sagt er. Das war für Fabio in seiner Schulzeit frustrierend, denn die anderen hatten immer bessere Noten als er, obwohl er so viel mehr gebüffelt hat.

Fabio schreibt in der Küche etwas auf einen Zettel. In Schrift steht daneben: "Lieber Fabio, lebe dein Leben!"
Auf dem Bild links: Was Fabio Liebig aus heutiger Sicht seinem 14-jährigen Ich als Rat mit auf den Weg geben würde

Foto: Andi Weiland | Gesellschaftsbilder.de
Grafik: Adina Hermann | Sozialhelden e.V.

Er wurde von seinen Mitschüler*innen aber nicht gehänselt, weil er langsamer war und nicht so gute Noten hatte. Und er hatte viel Unterstützung – von seinen Lehrerinnen und Lehrern und von seinen Kumpels, die mit ihm zusammen gelernt haben. Spaß machte Fabio die Schule aber trotzdem nicht, die Prüfungsangst machte ihm zu schaffen und ärgerte ihn. Er hatte auch kein Lieblingsfach. Er wollte einfach nur irgendwie durchkommen, um eine Ausbildung beginnen zu können.

Berufsschule ist Teil der Kochausbildung

Das einzige, was jetzt an der Ausbildung nicht so toll ist, ist, dass er weiterhin zur Schule gehen muss: Zur Berufsschule, wo er alle theoretischen Dinge lernen muss, die für ihn als Koch wichtig sind. Zum Beispiel, wie man die genauen Mengenangaben der Zutaten für ein Rezept berechnet.

Seine ehemalige Chefin, bei der er ein Praktikum gemacht hat, hat sich über ihn lustig gemacht, wenn er dazu einen Taschenrechner benutzte. Denn Fabio fällt Kopfrechnen schwer. Deswegen ist er froh, dass er jetzt einen Chef hat, der das nicht komisch findet und ihn bei solchen Aufgaben unterstützt.

Fabio nutzt das Persönliche Budget und den BIS e.V.

Bei der Stellensuche und Bewerbung hatte er Unterstützung vom Netzwerk für betriebliche Integration und Sozialforschung, kurz BIS e.V. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vom BIS unterstützen Fabio dabei, die Ausbildung im 1. Arbeitsmarkt zu schaffen. Denn mit seinem Förderabschluss und seinen Lernschwierigkeiten hätte ihn der übliche Weg vielleicht in eine Behindertenwerkstatt geführt.

 

Die Unterstützung vom BIS e.V. hat sich Fabio selbst organisiert. Dafür hat er das Persönliche Budget beantragt, eine Leistungsform, mit der er sich genau die Assistenz holt, die er mit seinen Lernschwierigkeiten benötigt. Fabios Beraterin Anne Gersdorff hat ihm bei der Ausbildungssuche geholfen und ist mit ihm zum Bewerbungsgespräch gegangen. Sie bespricht einmal die Woche mit ihm, wie es in der Ausbildung läuft. Dazu kommt er ins Büro vom BIS e.V.

Neben der Organisation und Beratung nimmt Fabio auch das Nachhilfe-Angebot von dem Berliner Verein in Anspruch. Gemeinsam mit seinem Nachhilfe-Lehrer geht er den Stoff aus der Berufsschule durch und kann so in seinem eigenen Tempo die Hausaufgaben erledigen.

“Lebe dein Leben!”

Fabio ist ein gutes Beispiel dafür, dass die Namen von Diagnosen sehr irreführend sind. Denn “Lernbehinderung” bedeutet nicht, dass man nicht lernen kann, sondern nur, dass man eine andere Struktur im Denken hat und eine andere Form von Lernen braucht. Bei Fabio ist es das praktische Lernen, das gut funktioniert.

Und als wir Fabio beim Interview fragten, welchen Rat er seinem 14-jährigen Ich geben würde, war die Antwort genauso praktisch: “Lebe dein Leben!”

Also dann wohl bis bald, als Chefkoch, auf einem Traum… äh Kreuzfahrtschiff.

Du möchtest noch mehr über Fabio erfahren? Dann kannst du dir das vollständige Interview durchlesen oder die weiterführenden Links und Videos anschauen.

Mehr Audios zum Anhören von Fabio